Tweezer-Labor

In unserem Labor steht die Wechselwirkung kleiner Ensembles weniger oder gar einzelner 87Rb Atomen untereinander im Mittelpunkt der Forschung. Die Atome werden hierbei in sogenannten optischen Tweezern gefangen, welche in einer arbiträren geometrischen Anordnung arrangiert werden können. Um eine Wechslewirkung zwischen Atomen innerhalb und zwischen den verschiedenen Fallen trotz des, auf atomarer Ebene gesehen, großen Abstandes einiger Mikrometer zu erreichen, nutzen wir die Anregung in Rydbergzustände des Atoms. Ein Rydbergzustand ist ein Zustand großer Hauptquantenzahl n, wodurch das Valenzelektron eine hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit bei großen Abständen einiger 100 Bohr Radien zum Atomkern besitzt. Hieraus resultiert beispielsweise eine enorme Polarisierbarkeit, welche es zwei Rydbergatomen ermöglicht, sich sogar gegenseitig zu polarisieren.

Auf kleinen Längenskalen liefert die 1/R3-abhängige resonante Dipol-Dipol-Kopplung, die mit der vierten Potenz der Hauptquantenzahl skaliert, einen entscheidenden Beitrag zur Wechselwirkung zweier Rydbergatome. Auf größeren Längenskalen hingegen ist die Van-der-Waals-Wechselwirkung durch die wechselseitig induzierten Dipolmomente dominant, welche zwar mit 1/R6 abfällt, dafür jedoch mit der zwölften Potenz der Hauptquantenzahl skaliert. Aus diesen verschiedenen Mechanismen der der Interaktion zweier Rybdergzustände und deren Zusammenspiel entstehen eine Vielzahl interessanter Effekte, welche schon heute Anwendung im Feld des Quantencomputing und der Quantensimulation sowie bei Untersuchungen zum Thema Kritikalität und Universalität finden.

Bei der Rydbergblockade beispielsweise verschiebt ein in einen Rydbergzustand angeregtes Atom in einem Ensemble die Energieniveaus der in der Nachbarschaft befindlichen Atome so stark, dass innerhalb eines spezifischen Blockaderadius keine weitere resonante Anregung weiterer Rydbergzustände möglich ist. Hierdurch verhält sich das gesamte, aus vielen Atomen bestehende Ensemble ähnlich einem einzelnen Atom, in dem zu jedem Zeitpunkt faktisch nur eine einzelne Anregung möglich ist. Daher werden solche System in Analogie auch als Superatom bezeichnet. Die Wechselwirkung von Ketten solcher Superatome und deren Verhalten studieren wir in unserem Experiment. Durch das Zusammenspiel der Blockade und der Winkelabhängigkeit der dipolaren Austauschwechselwirkung entstehen unter gewissen Rahmenbedingungen Konfigurationen, bei denen sich der Grundzustand des Quantenvielteilchensystems in einer topologischen Phase befindet. Die Untersuchung dieser Phasen und ihrer Robustheit gegenüber äußeren Einflüssen ist ebenfalls im Fokus der Forschung im Tweezer-Labor.

Technisches

Kernstück des Experiments bildet eine Hochvakuum-Glaszelle, in der die 87Rb Atome bei einem Druck von rund 10-9 mbar aus dem Hintergrundgas mit Hilfe in einer magnetootpischen Falle heruntergekühlt werden. Daraufhin werden die Atome durch Einstrahlen eines Nd:YAG-Lasers in der Fokalebene eines hochauflösenden Objektives in den optischen Tweezern mit je rund 1 µm Radius gefangen. Die geometrische Anordnung der Fallen kann durch Manipulation der Phasenfront des Fallenstrahls vor dem Objektiv durch einen Spatial-Light-Modulator im Vorfeld eines experimentellen Zyklus arbiträr eingestellt werden. In jeder der auf diese Art erzeugten Dipolfallen befinden sich anschließend einzelne oder wenige 10 Atome, abhängig von der genauen Präparation.

Die Wechselwirkung der Atome wird anschließend durch die beschriebene Anregung in Rydbergzustände initialisiert. Hierbei steht zur Erzeugung der Rydberg S- und D-Zustände aus dem 52S1/2 Grundzustand durch Zwei-Photonen-Anregung ein Lasersystem mit Lasern der Wellenlänge 420 nm für die Anregung in das intermediäre 62P3/2 Zwischenniveau und 1010-1030 nm für die Anregung des finalen Rydbergzustands zur Verfügung, welche durch ein modifiziertes Pound-Drever-Hall-Verfahren auf einen ULE-Resonator stabilisiert sind. Dies ermöglicht eine quasi-kontinuierliche Durchstimmbarkeit der Laserfrequenzen der beiden Anregungslaser bei gleichzeitig sehr geringen Linienbreiten von weniger als 50 Hz.

Um einen Teil der Rydbergzustände nach der Wechselwirkungsphase gezielt zustandssensitiv in den atomaren Grundzustand zu überführen, steht ein weiterer Laser der Wellenlänge 480 nm im Experiment zur Verfügung. Die Detektion der atomaren Zustände als Messsignal erfolgt mit Hilfe der natürlichen Fluoreszenz der Atome, die bei deren Anregung durch einen Laser auf einer der beiden D-Linien entsteht. Ein Teil der beim Zerfall in den Grundzustand isotrop in den Raum emittierten Photonen wird auf eine hoch sensitive sCMOS-Kamera mit geringem Ausleserauschen und hoher Quanteneffizienz geleitet. Hierzu wird das Objektiv verwendet, das auch bei der Erzeugung der Fallen genutzt wird. Somit können wir die Atome mit beugungsbegrenzter Ortsauflösung detektieren.

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