Laserspektroskopie am Li3 - Molekül
Dr. Michael Keil, Dr. Hans-Günter Krämer, Dipl.-Phys. Alexander Kudell
Ziel des Na3 -Experiments und dieses Experiments ist es, einen detaillierten Einblick in Struktur und Dynamik kleiner Alkali-Cluster zu erhalten. Die Cluster (Konglomerate aus 2 bis zu 40 Atomen) werden in einer Überschall-Düsenstrahlexpansion erzeugt und mittels eines Skimmers kollimiert (geometrisches Kühlen), bevor sie mit den Photonen verschiedener Laser wechselwirken. Wird durch einen ersten durchstimmbaren Farbstofflaser ein Übergang von einem Rotations- Schwingungsniveau des elektronischen Grundzustandes in ein Rotations- Schwingungsniveau eines angeregten elektronischen Zustandes induziert, so kann dies durch eine anschließende Ionisierung der angeregten Cluster mit einem zweiten Laser fester Wellenlänge nachgewiesen werden (RTPI). Gemessen wird also das Ionensignal in Abhängigkeit von der Wellenlänge des ersten, resonant anregenden, Lasers. Geschieht die Ionisierung mit einem kurzen Laserpuls (15 ns), so kann dieser auch als Startsignal für eine Messung der Flugzeit der Ionen von ihrem Entstehungsort bis zum Ionendetektor (MCP) genutzt werden. Aus der gemessenen Flugzeit kann auf die Masse der beobachteten Cluster geschlossen werden.
Abb. 1 Experimenteller Aufbau mit gepulsten Lasern
Die massenselektive Spektroskopie ist für unser aktuelles Projekt, das Li3, besonders wichtig, da mit 7Li und 6Li zwei verschiedene Lithium-Isotope und somit vier verschiedene Li3-Isotopomere existieren, die stark überlappende Spektren aufweisen. Während für die Untersuchung der Schwingungsstruktur ein experimenteller Aufbau (Abb. 1) mit gepulsten Lasern (Bandbreite ca. 1 GHz) sehr gut geeignet ist, werden zur Auflösung der Rotations- oder gar der Hyperfeinstruktur die deutlich schmalbandigeren single-mode Ring-Farbstofflaser (Bandbreite 1 bis 2 MHz) eingesetzt. Die Massenselektivität wird hier durch ein Quadrupol-Massenspektrometer gewährleistet.
Es ist naheliegend für die drei Kerne des Li3 zunächst die Konfiguration eines gleichseitigen Dreiecks als die energetisch günstigste anzunehmen. H.A. Jahn und E. Teller zeigten aber bereits im Jahre 1937, daß dies bei entarteten elektronischen Zuständen, die beim Li3 aufgrund der dreizähligen Symmetrie des gleichseitigen Dreiecks auftreten können, nicht der Fall ist. Bei dem von uns untersuchten elektronischen Übergang A 2E'' - X 2E' sind beide Zustände in der gleichseitigen Konfiguration zweifach entartet und es kommt am Entartungspunkt zu einer konischen Durschneidung von zwei Potentialflächen. Die jeweils untere dieser Flächen hat die Form einer Paprika mit drei äquivalenten Minima bei stumpfwinkligen, gleichschenkligen Konfigurationen, die durch sattelförmige Barrieren bei spitzwinkligen Geometrien voneinander getrennt werden. Wechselt das Molekül von einem solchen lokalen Energieminimum zum nächsten, so entspricht dies im Ortsraum einer scheinbaren Rotation des Moleküls. Tatsächlich vollführen die einzelnen Atome aber nur eine Rotationsbewegung um die Positionen, die sie bei einer vollsymmetrischen Konfiguration (gleichseitiges Dreieck) einnehmen würden. Man spricht dann von einer Pseudorotation des Moleküls. Wie schnell dieser Wechsel zwischen den Potentialminima abläuft, hängt davon ab, wie groß die Schwingungsenergie in den Potentialmulden im Vergleich zur Barrierenhöhe zwischen den selben ist. Ist sie sehr klein, so ist das Molekül in den drei Minima lokalisiert und die Schwingungsbewegung kann durch die Überlagerung der drei möglichen Normalschwingungen beschrieben werden. Wird die Schwingungsenergie jedoch größer, so wird das Tunneln durch die Barrieren immer wahrscheinlicher und es kommt zu einer wachsenden Aufspaltung eines jeden Schwingungszustandes in zwei vibronische Niveaus, wovon eines wieder zweifach entartet ist. Diese Aufspaltungsenergie, die aus den Spektren ermittelt werden kann, ist ein direktes Maß für die Geschwindigkeit der Pseudorotation.
Mit nur neun Elektronen ist das Li3 das theoretisch am genauesten zu behandelnde Alkali-Trimer. Zudem besitzt es wegen seiner kleinen Masse große Rotationskonstanten, die zu weniger "dichten" Spektren führen. Somit wird ein detaillierter Vergleich zwischen Theorie und Experiment möglich. Die Interpretation und Zuordnung der komplexen Spektren ist, auch bei vollständiger spektraler Auflösung und unter Anwendung der Technik der optisch-optischen Doppelresonanz, nur durch den Vergleich mit exakten quantenchemischen Rechnungen möglich. Diese umfassenden ab-initio- und Modellrechnungen wurden von Prof. W. Meyer aus dem Fachbereich Chemie der Universität Kaiserslautern durchgeführt mit dem eine enge Kooperation besteht. Aus diesem Vergleich konnte, erstmals für die Alkali-Trimere, das komplette rotationsaufgelöste Anregungsspektrum einer Schwingungsbande des Li3 durch Anpassung eines Modell-Hamiltonoperators vollständig zugeordnet werden. Aus den fünf Parametern dieses Operators konnte nicht nur die Molekülgeometrie (Bindungslängen und -winkel) ermittelt werden, sondern auch die Geschwindigkeit der Pseudorotation. So beträgt z.B. beim 21Li3 die Pseudorotationsaufspaltung im tiefsten Schwingungszustand X(0,0,0) des elektronischen Grundzustands 36,3 cm-1 und im A(0,0,0)-Zustand des angeregten elektronischen Zustandes 5,6 cm-1. Das bedeutet, im Grundzustand liegt bereits eine nahezu freie Pseudorotation vor, während sie im A(0,0,0)-Zustand noch deutlich behindert ist. Im Vergleich dazu zeigt das Na3 in diesen beiden Zuständen noch eine fast vollständige Lokalisierung, was in den deutlich kleineren Aufspaltungen von 0,003 cm-1 bzw. 0,017cm-1 zum Ausdruck kommt (H. von Busch et al., Phys. Rev. Lett., 81, 4584 (1998)). Beim Na3 konnte der Übergang zu einer immer stärker werdenden Delokalisierung mit zunehmender Schwingungsanregung eingehend studiert werden (siehe Na3).
Weiter gelang beim Li3 die Beobachtung der ersten optischen Spektren eines Alkali-Trimers mit aufgelöster Hyperfeinstruktur. Die Hyperfeinstruktur konnte unter Berücksichtigung der Fermi-Kontakt-Wechselwirkung, der Symmetrie der rovibronischen Zustände und der Coriolis-Wechselwirkung zwischen Rotation und Pseudorotation, bis in die Details aufgeklärt werden. Ein Vergleich zwischen Theorie und Experiment für die Hyperfeinstruktur ist in Abb. 2 zu sehen.
Abb. 2 Die "reguläre" Hyperfeinstruktur beim 21Li3 (links) und 18Li3 (rechts).
Vergleich zwischen Experiment (durchgezogen) und Theorie (gestrichelt).
Literaturhinweise zur Spektroskopie am Li3:
Literaturhinweise zur Spektroskopie am Li3:
Schwingungsstruktur:
H.-G. Krämer, M. Keil, C.B. Suarez, W. Demtröder, and W. Meyer
Vibrational Structures in the A2E'' - X2E' System of the Lithium Trimer
Chem. Phys. Lett. 299, 212 (1999)
Rotationsstruktur:
M. Keil, H.-G. Krämer, A. Kudell, M.A. Baig, J. Zhu, W. Demtröder and W. Meyer
Rovibrational Structures of the Pseudorotating Lithium Trimer 21Li3:
Rotationally Resolved Spectroscopy and ab initio calculations of the A2E'' - X2E' System
J. Chem. Phys. 113, 7414 (2000)
Hyperfeinstruktur:
W. Meyer, M. Keil, A. Kudell, M.A. Baig, J. Zhu, and W. Demtröder
The Hyperfine Structure in the Electronic A2E'' - X2E' System of the
Pseudorotating Lithium Trimer
J. Chem. Phys. 115, 2590 (2001)