Laser-Spektroskopie am Natrium-Trimer
Dr. Heinrich von Busch, Dr. Jiasheng Wang, Dr. Vas Dev
In die Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe an kleinen Molekülen reiht sich auch das Experiment am Na3 ein. Wie andere mikroskopisch kleine Systeme (etwa einzelne Atome) findet man auch Moleküle (= Zusammensetzungen von Atomen) nur in Zuständen mit bestimmter, quantisierter Energie. Ein Übergang von einem solchen Energieniveau zu einem anderen kann beispielsweise durch Absorption eines Lichtquantes geschehen, wenn dessen Energie der Differenz zum zweiten, hier als höher liegend angenommenen Niveau entspricht. Da mit Lasern Lichtquanten sehr genau bestimmter Energie erzeugt werden können, stellen sie ideale Werkzeuge zur präzisen Vermessung der Übergänge in Molekülen dar. Aus der Gesamtheit solcher Übergänge (dem Spektrum des Moleküls) können die genauen Eigenschaften wie Bindungslängen und -winkel sowie Rotations- und Schwingungsbewegungen erschlossen werden.
Das ist auch der Weg, den dieses Experiment einschlägt: Moleküle in einem durch Überschallexpansion eines Gases ins Vakuum erzeugten Molekularstrahl, die also durch große Abstände getrennt, ungestört von Stößen und "kalt" (= mit geringer innerer Anregung) vorliegen, werden mit Lasern auf ihr Spektrum untersucht, um so ihren Aufbau und ihre Dynamik zu erforschen.
Warum nun das Na3? Als Aggregat von drei gleichen Alkali-Atomen mag das Natrium-Trimer als ein sehr einfaches Molekül erscheinen. Tatsächlich jedoch macht seine "weiche", veränderliche Geometrie, die bedingt ist durch einen ausgeprägten dynamischen Jahn-Teller-Effekt, das Na3 (wie auch das Li3) zu einem gleichermaßen interessanten wie hochgradig komplexen Demonstrationsobjekt der Molekülphysik. An diesen Alkalitrimeren zeigt sich eine sehr ungewöhnliche Form der Schwingungsbewegung (die sogenannte Pseudorotation), in deren Verlauf das Molekül zudem in manchen Zuständen nicht schon nach einem, sondern erst nach zwei Zyklen wieder in seinen Ausgangszustand zurückkehrt: ein Beispiel dafür, daß die von M.V. Berry beschriebene sog. geometrische Phase - ein grundlegendes Konzept, das in vielen physikalischen Systemen eine Rolle spielt - auch in der Molekülphysik auftritt.
Die Pseudorotation der Alkali-Trimere
Im Speziellen untersucht unser Experiment den Übergang X 2E´ nach A 2E´´. Das A-System ist insofern von besonderem Interesse, als ab-initio-Rechnungen erwarten lassen, daß hier ein Übergang von einer fast starren (stumpfwinkligen) Molekülgeometrie bei niedrigen Schwingungszuständen zu einer quasi-freien Jahn-Teller-Pseudorotation bei höherer Schwingungsanregung vorliegt.
Die Rotationsspektren des X-A-Übergangs erwiesen sich in ersten Untersuchungen als zu komplex für eine Analyse mit laserinduzierter Fluoreszenz und Resonanter Zweiphotonen-Ionisation. Selbst die von uns verwendete Sub-Doppler-Laserspektroskopie am kalten Überschallstrahl mit Einmoden-Dauerstrichlasern, die - begrenzt durch die aus der Strahldivergenz resultierende Rest-Doppler-Breite - eine Auflösung von immerhin weniger als 50 MHz erzielt, erlaubt es nicht, die extrem dicht liegenden Linien des vollständigen Anregungsspektrums zu trennen. Erst die Technik der optisch-optischen Doppelresonanz ermöglicht die Aufklärung der rovibronischen Struktur.
Verbesserungen an Standfestigkeit und Form der verwendeten Molekulardüse lieferten die Grundlage für erfolgreiche Doppelresonanzmessungen erstmals selbst in Banden, die nur wenige Prozent der Intensität des Übergangs zwischen den Grundschwingungen aufweisen.
So kann nun detailliert experimentell verfolgt werden, wie der Übergang zwischen starrer und "weicher" Geometrie erfolgt: Während bei Mittelung über die Substruktur der Rotationsübergänge der Grundschwingungsübergang noch gut im Bild des starren asymmetrischen Rotors beschrieben werden kann, verlangt schon die erste angeregte Schwingungsbande des A-Systems die Berücksichtigung des Tunnelns durch die Barriere zur Pseudorotation. Mit Annäherung an die Barrierenhöhe bei steigender Schwingungsanregung wächst die durch das Tunneln bedingte Linienaufspaltung immer weiter an.
In enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. W. Meyer aus dem Fachbereich Chemie, die umfassende ab-initio-Rechnungen angestellt hat, konnte - erstmals überhaupt - eine schlüssige Vibrationszuordnung des X-A-Übergangs erzielt werden.
Aus einem Vergleich der gemessenen mit den ab initio berechneten Spektren erhielten wir für 8 Schwingungsbanden die Zuordnung auf Rotations-/Pseudorotationsebene.
Dies ermöglichte seinerseits die erste eindeutige spektroskopische Bestätigung der Berry-Phase in der Molekülphysik (Phys. Rev. Lett. 81, 4584-4587 (1998)).