Quantensensoren für die Lebenswissenschaften
Punktdefekte in Kristallen als Sensoren
Wie erforschen Punktdefekte in Kristallen z.B. einzelne Verunreinigungsatome: Sie absorbieren und emittieren Licht genau wie Atome sind aber im Festkörper gefangen ("künstliche Atome"). Eine hohe Dichte solcher Defekte färbt durchsichtige Kristalle deshalb nennt man sie auch Farbzentren. Gebundene Elektronen sorgen für magnetische Momente (Spins). Farbzentren sind über lange Zeit stabil auch bei Raumtemperatur. Ihre Lichtemission ist so intensiv, dass wir einzelne Farbzentren in konfokaler Laser-Fluoreszenzmikroskopie sehen. Das bekannteste Farbzentrum ist das sog. NV (nitrogen vacancy) Zentrum in Diamant, das aus einem Stickstoff-Atom und einer Fehlstelle besteht (siehe Abbildung).
Farbzentren sind vielseitige Sensoren: Sie reagieren empfindlich auf Magnetfelder, die Temperatur der Umgebung, elektrische Felder, optische Nahfelder und Verspannungen im Kristall. Je nach Ausrichtung des Elektronenspins ändert sich die Helligkeit des Farbzentrums. Mit Hilfe dieser Spin-abhängigen Fluoreszenz messen wir optisch den Spin-Zustand.
Wie erforschen Farbzentren als atomar kleine Sensoren, mit denen sehr hochauflösende Abbildungen möglich sind. Gleichzeit können wir Quanteneigenschaften der Farbzentren z.B. ihre Kohärenz benutzen um sehr emffindliche Sensoren zu realisieren.
Literatur:
Review Sensorik mit Farbzentren: M. Radtke, E. Bernardi, A. Slablab, R. Nelz and E. Neu, Nanoscale sensing based on nitrogen vacancy centers in single crystal diamond and nanodiamonds: achievements and challenges, Nano Futures 3(4), 042004 (2019), View the review online
BMBF-Projekt DiaNanoRa: Rastersonden für die Lebenswissenschaften
Um die Farbzentren bestmöglich zu nutzen, bringen wir sie in Rastersonden aus einkristallinem Diamant ein. Eine solche Rastersonde besteht aus einem Diamant-Nanodraht (200 nm Durchmesser) auf einer Halteplattform (siehe Abbildung). Wie erzeugen Farbzentren nahe der Endfacette des Nanodrahts. So bringen wir das Farbzentrum sehr nahe an die Probe, der Nanodraht kanalisiert die Emission des Farbzentrums so, dass wir diese effizinent mit unserem Mikroskop sammeln.
Wir fertigen unsere Rastersonden durch Nanofabrikation in hochreinen, synthetischen Diamanten. Zum Abtasten einer Probe benutzen wir einen selbstgebauten Aufbau aus Rasterkraftmikroskop und konfokalem Mikroskop. Mit dem Rasterkraftmikroskops wird die Sonde sehr nahe bzw. in Kontakt mit der Probe verfahren. In den Lebenswissenschaften werden Farbzentren so zu vielversprechenden Sensoren für elektrische Ströme und Nahfelder z.B. von fluoreszenten Markern.
Um die Wechselwirkung von NV Zentren mit anderen fluoreszenten Systemen zu untersuchen haben wir ein 2dimensionales Material auf Diamant aufgebracht und den Austausch von Energie zwischen den beiden Systemen untersucht.
Literatur:
Technologie Diamant-Rastersonden: M. Radtke, R. Nelz, A. Slablab and E. Neu, Reliable Nanofabrication of Single-Crystal Diamond Photonic Nanostructures for Nanoscale Sensing, Micromachines 10(11), 718 (2019), View online
Nahfeldwechselwirkung von NV Zentren: R. Nelz, M. Radtke, A. Slablab, Z.‐Q. Xu, M. Kianinia, C. Li, C. Bradac, I. Aharonovich and E. Neu, Near‐Field Energy Transfer between a Luminescent 2D Material and Color Centers in Diamond, Advanced Quantum Technologies 1900088 (2019), View paper
EU Netzwerk QuSco: Optimale Kontrolle von Quantensensoren
Dekohärenz beeinflußt alle Arten von Quantensystemen und kann es erschweren ein Quantensystem als Sensor zu nutzen. Zusätzlich muss für die Quantensensorik das Quantensystem in einem bestimmten Quantenzustand vorliegen. Die NV Zentren in unseren Diamant Raster-Sonden sind sehr anfällig für Rauschen, welches durch die Diamant Oberfläche erzeugt wird die nur 10 nm von dem NV Zentrum entfernt ist. Dieses Rauschen limitiert die Kohärenz des NV Zentrums.
Kurze Kohärenzzeiten beschränken die Empfindlichkeit des Quanten-Sensors. Zusätzlich sind die Mikrowellen Pulse, die wir benutzen um NV Zentren in einen bestimmten Quantenzustand zu bringen nicht perfekt durch experimentelle Einschränkungen oder die verwendeten Geräte (Kabel, Mikrowellengeneratoren usw.)
Vor diesem Hintergrund untersuchen wir die sogenannte optimale Quanten-Kontrolle (OQC), die uns optimierte Pulse liefert, die auch bei variablen Bedingungen eine verlässliche Kontrolle der Quantenzustände erlauben (robuste Pulse) und die Kohärenz teilweise erhöhen können. Mit diesen optimierten Pulsen erreichen wir höheren Empfindlichkeiten bei der Sensorik mit NV Zentren. Zusammen mit den Theorie Experten im EU Netzwerk QuSco arbeiten wir an verschiedenen numerischen OQC Techniken um die Sensorik mit NV Zentren zu verbessern.
Literature
Introduction to Quantum Optimal Control for Quantum Sensing with Nitrogen-Vacancy Centers in Diamond. Phila Rembold, Nimba Oshnik, Matthias M. Müller, Simone Montangero, Tommaso Calarco and Elke Neu. AVS Quantum Science 2, 024701 (2020) Find the article here.