Herzlich Willkommen zum Tag der Physik 2011
Einführung
Der Workshop „Computer Simulationen – die Verbindung zwischen Theorie und Praxis“ bietet eine kleine Einführung in die vielfältige Verwendung numerischer Simulationen. Beginnend mit der Frage wie sich eine physikalische Simulation von anderen digitalen Medien wie beispielsweise einem Film unterscheidet und welche Prozesse sich auf diese Weise am besten beschreiben lassen. Als praktischer Teil folgt im Anschluss die Illustration dieser Vorteile am Beispiel des schiefen Wurfes. Zum Abschluss wird die Frage erläutert wie beim Zerreißen eines Blattes aus Papier die charakteristische Ausprägung eines Risses auf Molekularer Ebene entsteht. Das entspricht in erster Nährung der Art der an Simulation wie sie auch in unserer Arbeitsgruppe durchgeführt werden.
Simulation oder Film
Im Gegensatz zum Spiel- oder Trickfilm basieren Physikalische Simulationen exakt auf den zugrundeliegenden physikalischen Gesetzen. Bekannte Beispiele sind Wetter- und Klimaprognosen, numerische Strömungssimulationen oder Festigkeits- und Steifigkeitsberechnungen. Daraus resultiert der Anspruch, dass die Ergebnisse die Gegebenheiten in der Natur je nach vorgegebener Näherung exakt beschreiben.
Entsprechend sind die Vorteile einer numerischen Simulation
- Auf Basis der aktuellen Rechnenleistung lassen sich Modelle bis zu 200 Millionen Atome beschreiben, welche sich in dieser Form sonst nicht exakt lösen lassen.
- Simulationen sind verhältnismäßig kostengünstig im Vergleich zu Experimenten.
- Die Messung während einer Simulation beeinflusst das Ergebnis nicht. Gerade bei Experimenten an einzelnen Atomen kann oftmals nur indirekt, beispielsweise durch Streuung eines Teilchens der eigentliche Prozess vermessen werden. Während es in der Simulation möglich ist auch einzelnen Atome zu betrachten.
Schiefer Wurf
Theoretische Grundlage
Betrachte die Flugbahn eines geworfenen Balles im Schwerefeld der Erde unter Vernachlässigung der Luftreibung. Dabei ist die resultierende Wurfparabel gemäß dem ersten Newtonschen Gesetz gegeben durch:
Strecke in x-Richtung
$$x = {v_x \cdot t}$$
Strecke in y Richtung
$$x = {v_y \cdot t - {1 \over 2} \cdot g \cdot t^2}$$
Simulation
Ohne an dieser Stelle weiter auf die theoretische Herleitung einzugehen. Sollen nun die folgenden Fragen beantwortet werden:
- Unter welchem Winkel kann ein vorgegebener Punkt getroffen werden ? - Simulation 1
- Wie wird der Ball am weitesten geworfen ? - Simulation 2
- Kann ein Ball durch zwei aufeinander folgende Ringe geworfen werden ? - Simulation 3
Diese Fragen zu beantworten wird entweder ein experimenteller Aufbau benötigt oder wie in diesem Fall eine Simulation welche es erlaubt die einzelnen Anfangsparameter, wie Abwurfwinkel und Abwurfgeschwindigkeit weitaus exakter zu definieren. Auf diese Weise kann auch zu jedem Zeitpunkt die Geschwindigkeit in Ihren einzelnen Komponenten bestimmt werden. - Simulation 4
Bestimmen des Zeitschritts
Im Experiment wäre dies nur bedingt exakt möglich, beispielsweise durch Aufzeichnen der Flugbahn mit einer Kamera und anschließendes Vermessen. Hieraus resultiert eine weitere Ungenauigkeit im Experiment aber auch im besonderen der Simulation und zwar die Abhängigkeit der berechneten Ergebnisse vom gewählten Zeitschritt. Zur Illustration dieser Abhängigkeit passen wir unsere Simulation wie folgt an:
Aus $v= {\Delta s \over \Delta t}$ und $a= {\Delta v \over \Delta t}$ folgt $\Delta s= {v \cdot \Delta t}$ und $\Delta v= {a \cdot \Delta t}$ .
Zurückgelegte Strecke in x-Richtung :
$$x(t_2) = v_x(t_1) \cdot \Delta t + x(t_1) $$
Zurückgelegte Strecke in y-Richtung :
$$y(t_2) = v_y(t_1) \cdot \Delta t + y(t_1) $$
Momentane Geschwindigkeit in x-Richtung:
$$v_x(t_2) = a_x(t_1) \cdot \Delta t + v_x(t_1) $$
Momentane Geschwindigkeit in y-Richtung:
$$v_y(t_2) = a_y(t_1) \cdot \Delta t + v_y(t_1) $$
Wobei $a_x$ die Beschleunigung in x-Richtung null ist und analog $a_y$ der Erdbeschleunigung von rund $-9.81 {m \over s^2 }$ entspricht.
Wiederum können Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung für x- und y-Richtung getrennt separiert dargestellt werden, da sie sich ohne gegenseitige Wechselwirkung überlagern. So ergeben sich die Werte für den jeweils folgenden Zeitschritt immer aus dem vorherigen unter der Berücksichtigung der zugehörigen Nährung, dass die Entwicklung während des Zeitschrittsschritts unwesentlich ist. Auf diese Weise ist es möglich die Luftreibung als Geschwindigkeitsabhängiges Potential in die Betrachtung zu integrieren worauf an dieser Stelle der Übersicht halber verzichtet wird. - Simulation 5
Zerreißen eines Blattes Papiers
Nachdem im vorherigen Abschnitt am Beispiel des Schiefen Wurf auf grundlegende Aspekte einer Simulation eingegangen wurde, wird im folgenden mit der chaotischen Ausbreitung eines Risses beim Verreißen von Papier ein Problem betrachtet welches sich nicht theoretische vorhersagen lässt.
Analog zum vorherigen Modell näheren wir die Atome als klassische newtonsche Teilchen, vernachlässigen also im ersten Schritt bereits die Elektronen. So ist die Differentialgleichung
$$ m {d^2 \over dt^2} x = - {dV \over dx}$$
für jedes Teilchen an jedem Zeitpunkt inkrementell zu lösen mit $x_2 = v_1 \cdot \Delta t + x_1$ und $v_2 = a_1 \cdot \Delta t + v_1 $
entsprechend wie bereits in dem für den schiefen Wurf eingeführten Modell. Wobei sich die Beschleunigung diesmal aus dem Lenard-Jones Potential für das jeweilige Teilchen ergibt, anstatt aus dem konstant genährtem Gravitationsfeld der Erde. Dabei ist das Lenard-Jones Potential gegeben durch die Wechselwirkung des jeweils betrachteten Teilchens mit allen anderen.
Dies ist der zweite wesentliche Grund warum Computersimulationen verwendet werden, denn die Wechselwirkung von N Teilchen mit N-1 weiteren erfordert das Lösen von N*(N-1) Differentialgleichungen. - Simulation 6
Zusammenfassung
Vorteile von Computersimulationen
- Computer erlauben das Lösen von Problemen mit mehren Millionen Atomen, welche Rechnerisch kaum zu lösen sind. (vgl. Zerreißen eines Blattes Papier)
- Im Vergleich zum Experiment sind sie dabei weitaus kostengünstiger, da insbesondere auf teuere Messgeräte verzichtet werden kann. (vgl. Schiefer Wurf).
- Des weiteren ermöglichen die Simulationen Einblicke in das Innere der Probe, die im Experiment nicht möglich sind. (vgl. Zerreißen eines Blattes Papier)
Einschränkung
- In der Simulation werden Näherungen bezüglich der Zeit (vgl. Schiefer Wurf) oder des Potentials (vgl. Zerreißen eines Blattes Papier) gemacht, die das Resultat beeinflussen. Die Ergebnisse sind also jeweils nur so gut wie die Nährung und es ist Aufgabe des Physikers möglichst exakte Nährungen zu wählen.