Ultrakalte fermionische Quantengase
Ultrakalte fermionische Gase sind ein hervorragendes Modellsystem, um komplexe Phänomene der Quantenphysik – wie z.B. Supraleitung in Festkörpern – in einer kontrollierten Umgebung experimentell zu untersuchen. Das Ziel unseres Projektes ist es, besser zu verstehen, wie sich verschiedene suprafluide Zustände von Fermionen in externen und kontrolliert dynamischen Umgebungen verhalten. Insbesondere sind wir daran interessiert, zu verstehen, wie Verunreinigungen es erlauben, die Eigenschaften einer Quantenflüssigkeit zu manipulieren.
Experiment
In unserem Labor werden ultrakalte Quantengase aus fermionischen Lithium-6-Atomen bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt erzeugt. Dies wird durch mehrere aufeinanderfolgende Kühlschritte mit Hilfe von Laserstrahlen und Magnetfeldern erreicht. Die Quantengase werden in einer Ultrahochvakuumkammer, welche die Atome von der Umgebung isoliert, hergestellt. Das Erzeugen eines Quantengases dauert dabei nur wenige Sekunden.
Aufgrund der ultrakalten Temperaturen von weniger als einem Millionstel Kelvin über dem absoluten Nullpunkt kommen Quanteneffekte zum Tragen, die sonst von thermischen Effekten dominiert wären.
Durch das Anlegen starker Magnetfelder können wir die Wechselwirkung zwischen den Atomen manipulieren und beliebig zwischen Anziehung und Abstoßung umschalten. Das ermöglicht unter anderem die Beobachtung des kontinuierlichen Übergangs von einem Suprafluid wie in einem Supraleiter im Bardeen-Cooper-Schrieffer-Regime (BCS) zu einem molekularen Bose-Einstein-Kondensat (mBEC). Zwischen diesen Bereichen kommt es zu einer starken Wechselwirkung, man spricht von dem unitären Regime.
Ein System, das so fehlerfrei und präzise präpariert ist, wie es im Labor hergestellt wird, existiert in der echten Welt nicht. Imperfektionen wie Fehl- oder Störstellen, thermische Fluktuationen oder generelle Unordnung haben einen großen Einfluss auf Eigenschaften wie zum Beispiel die Leitfähigkeit eines Materials. Um solche Effekte zu untersuchen, verwenden wir Lichtfelder, die an diffusen Medien gestreut werden und dadurch räumlich zufällige Potentiallandschaften kreieren. Diese Unordnungspotentiale können wir statisch einstrahlen, aber auch dynamisch verändern.
Quantenmotor
Wärmekraftmaschinen wandeln sowohl klassisch als auch quantenphysikalisch thermische Energie in mechanische Arbeit um. In der Quantentheorie existieren nichtklassische Energien, welche noch nicht in zyklischen Motoren genutzt wurden, um Arbeit zu verrichten. Hier zeigen wir die experimentelle Umsetzung eines Quanten-Vielteilchenmotors, der mit der Energiedifferenz zwischen fermionischen und bosonischen Ensembles ultrakalter Teilchen aufgrund des Pauli-Prinzips angetrieben wird.
Es wird ein harmonisch eingefangenes, superfluides Gas aus Lithium-6 Atomen mit einer magnetischen Feshbach-Resonanz adressiert. Sie ermöglicht uns, zwischen Bose-Einstein- und Fermi-Dirac-Statistik zu wechseln. Dieser Übergang ersetzt die thermischen Prozesse in Analogie zum quantenmechanischen Ottomotor. Ein Vergleich mit einer klassischen Wärmekraftmaschine und einem interaktionsgetriebenen System zeigt die Quantennatur einer solchen Pauli-Maschine. Pro Zyklus wird eine Arbeit von mehreren Millionen Vibrationsquanten mit einer Effizienz bis zu 25 % verrichtet. Wir zeigen, dass Quantenstatistik eine nützliche thermodynamische Quelle für die Produktion von Arbeit darstellt, und verändern das Paradigma der energieumwandelnden Wärmekraftmaschine zu einer neuen Klasse von aufkommenden Quantenmaschinen.
Ultrakalte Bose-Gase in dynamischer Unordnung mit einstellbarer Korrelationszeit
Wir untersuchen experimentell die dissipativen Dynamiken von ultrakalten bosonischen Gasen in dynamischen Unordnungspotentialen mit einstellbarer Korrelationszeit. Erstens messen wir die Heizrate thermischer Wolken, auf die ein dynamisches Potential wirkt, und präsentieren ein Modell des Heizprozesses. Dabei zeigen wir den mikroskopischen Ursprung der Dissipation einer thermischen, gefangenen Wolke von Bosonen. Zweitens messen wir die Teilchenverlustrate für Bose-Einstein-Kondensate, die durch das dynamische Umfeld entsteht. Abhängig von der Korrelationszeit werden die Verluste durch Aufheizen der restlichen thermischen Teilchen oder dem Entstehen von Anregungen im Superfluid hervorgerufen. Diese Vorstellung wird durch ein Ratenmodell untermauert. Unsere Ergebnisse zeigen das Zusammenspiel zwischen Suprafluidität und zeitabhängiger Unordnung und etablieren ultrakalte Atome als Plattform zum Untersuchen von raum-zeitlichem Rauschen und zeitabhängiger Unordnung.
Detektion des Verlusts und Wideraufleben von langreichweitigen Phasenkohärenzen durch Unordnungsrampen
Die Relaxation von Quantensystemen ist ein zentrales Problem der Nichtgleichgewichtsphysik. Im Vergleich zu klassischen Systemen resultieren die zugrundeliegenden Quantendynamiken nicht nur aus atomarer Wechselwirkung, sondern auch langreichweitigen Kohärenzen der Vielteilchen-Wellenfunktion. Experimentell werden Nichtgleichgewichtszustände von Quantenfluiden durch sich bewegende Objekte oder Laserpotentiale, welche die Dichte stören und detektieren, erzeugt. Hierbei ist die langreichweitige Phasenkohärenz für die hydrodynamische Bewegung des gestörten Quantensystems bisher nur sehr wenig erforscht worden, vor allem in drei Dimensionen. Wir zeigen, wie die Dichte und Phasenkohärenz eines Bose-Einstein-Kondensats aus 6Li2 Molekülen auf schnelles Ein- und Ausschalten eines optischen Speckle-Potentials reagiert. Im Fall von schnellem Einschalten der Unordnung können wir zeigen, dass die langreichweitige Phasenkohärenz um eine Größenordnung schneller zusammenbricht, als die Dichte des Quantengases reagieren kann. Beim Ausschalten benötigt das System dagegen zwei Größenordnungen länger als die Dichte, um die Quantenkohärenz wiederaufzubauen. Wir vergleichen unsere Ergebnisse mit dreidimensionalen numerischen Simulationen der Gross-Pitaevskii-Gleichung und finden eine gute Übereinstimmung. Unsere Ergebnisse verdeutlichen die Wichtigkeit von langreichweitiger Kohärenz und möglicherweise langlebiger Phasenanregungen für die Relaxation von Quanten-Vielteilchensystemen im Nichtgleichgewicht.