Kaiserslauterer Trilobiten-Moleküle schaffen es auf Titelseite des Physical Review Letters

Trilobiten Moleküle
Cover der Fachzeitschrift Physical Review Letters: Trilobiten Moleküle

Forschenden um Professor Dr. Herwig Ott ist es gelungen, exotische Trilobiten-Moleküle mit bislang unerreichter Präzision spektroskopisch zu untersuchen. Diese ultralangen Moleküle aus Rubidium-Atomen zeichnen sich durch außergewöhnliche Bindungsenergien und starke elektrische Dipolmomente aus. Die Form der elektronische Wellenfunktionen gleicht fossilen Trilobiten, weshalb diese Moleküle nach ihnen benannt wurden. Die Experimente ermöglichen nicht nur ein besseres Verständnis quantenmechanischer Bindungsmechanismen, sondern liefern auch neue Erkenntnisse über fundamentale Elektron-Atom-Streuprozesse. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht und zieren dort die Titelseite.

In ihrem Aufbau nutzen die PhysikerInnen eine Wolke ultrakalter Rubidium-87-Atome, die mithilfe von Laserkühlung auf etwa 40 Mikrokelvin gekühlt wurde. Anschließend wurden mit einem gezielten Drei-Photonen-Prozess Atome in hochangeregte Rydberg-Zustände versetzt. „Dabei wird das äußerste Elektron auf eine Bahn gebracht, die mehrere tausend Atomradien groß sein kann“, erklärt Professor Ott. „Wenn sich nun ein weiteres Atom in diesem Bereich befindet, kann dieses durch quantenmechanische Streuung eine Bindung mit dem Rydberg-Elektron eingehen – ein Mechanismus, der mit klassischen chemischen Bindungen nichts gemein hat.“

Die so entstehenden Trilobiten-Moleküle besitzen durch diese spezielle Bindung besonders große Bindungsenergien. Mit Hauptquantenzahlen n = 22 bis 27 konnten in der aktuellen Studie gleich mehrere Serien solcher Moleküle erzeugt und deren Schwingungsspektren exakt vermessen werden. Dank der großen Bindungsenergie und der hohen spektralen Auflösung (besser als 0,01 %) gelang es erstmals, die Elektron-Atom-Streuphase mit beispielloser Genauigkeit zu bestimmen – und das in einem Energiebereich, der für freie Elektronen experimentell nicht zugänglich ist.

Zur theoretischen Beschreibung wurde ein neu entwickeltes Funktionsverfahren eingesetzt. Dieses vermeidet Konvergenzprobleme bisheriger Modellierungen und erlaubt eine präzise Berechnung des Schwingungsspektrums. „Die Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment ist so genau, dass selbst kleinste Abweichungen sichtbar werden“, sagt Markus Exner, der die Experimente federführend durchgeführt hat. Besonders hervorzuheben ist die Vermessung der bislang größten permanenten elektrischen Dipolmomente von nahezu 3000 Debye, die eine eindeutige Zuordnung der beobachteten Schwingungszustände ermöglicht.

Die Arbeiten leisten einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis der Molekülphysik im ultrakalten Temperaturbereich und der komplexen Elektron-Atom-Wechselwirkungen. Darüber hinaus könnten sie als Grundlage für zukünftige Anwendungen in der Quanteninformation und -simulation dienen.

Die Studie entstand im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Giant Interactions in Rydberg Systems“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und im Profilbereich OPTIMAS (Landesforschungszentrum für Optik und Materialwissenschaften) an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau.

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht:

„High Precision Spectroscopy of Trilobite Rydberg Molecules“; Markus Exner, Rohan Srikumar, Richard Blättner, Matthew T. Eiles, Peter Schmelcher & Herwig Ott.

Trilobiten Moleküle
Cover der Fachzeitschrift Physical Review Letters: Trilobiten Moleküle